Aus für Eigenmietwert: Was heisst das für Eigentümer?

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Immobilien
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25/10/2025

Die Schweizer Stimmbevölkerung hat entschieden: Der Eigenmietwert soll weg – und mit ihm ein grosser Teil der bisherigen Abzüge. Doch welche konkreten Auswirkungen hat dieser Systemwechsel sonst noch? Was bedeutet er für Eigentümer, Immobilienpreise und die Baubranche? Die häufigsten FAQs und Antworten im Überblick.

Wann genau könnte der Eigenmietwert fallen?

Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte vor den Medien, der Eigenmietwert könne frühestens 2028 wegfallen. Ein konkretes Inkrafttreten stehe noch nicht fest, das Eidgenössische Finanzdepartement werde zunächst die Finanzdirektorenkonferenz konsultieren und danach über den weiteren Fahrplan entscheiden. So erhalten die Kantone ausreichend Zeit für die Umstellung.

Was ist der Grund für Verzögerung bei der Umsetzung?

Ein Knackpunkt bei der Umsetzung sind die Zweitwohnungen: Die Abschaffung des Eigenmietwerts betrifft nicht nur Erstwohnsitze, sondern auch Ferienliegenschaften. Damit die Tourismuskantone die Mindereinnahmen kompensieren können, will der Bund den Kantonen Zeit lassen, um eine sogenannte Objektsteuer auf Zweitliegenschaften einzuführen. Die dafür erforderlichen rechtlichen Grundlagen müssen jedoch erst ausgearbeitet und in Kraft gesetzt werden.

Kommt nun eine Steuer auf Zweitliegenschaften im Kanton Bern?

Nach dem Ja der Stimmberechtigten zur Abschaffung des Eigenmietwerts prüft die Berner Regierung, ob eine Sondersteuer für Zweitwohnungen eingeführt werden soll. Die Verfassungsänderung schafft die Grundlage für eine solche Abgabe. Die Exekutive hatte bereits vor der Abstimmung angekündigt, die Einführung zu prüfen und bald anzugehen. Die Realisierung dürfte sich jedoch hinziehen: Eine Änderung des kantonalen Gesetzes könnte vors Volk kommen – erst bei dessen Zustimmung könnten Gemeinden die neue Steuer beschliessen.

Welche Auswirkungen hat die Abschaffung des Eigenmietwertes auf meine Steuererklärung?

Mit dem Wegfall des Eigenmietwerts entfallen auch die Steuerabzüge für Schuldzinsen sowie für Unterhalts- und Renovationskosten. Investitionen zur Energieeinsparung sind auf Bundesebene ebenfalls nicht mehr abziehbar, die Kantone können solche Abzüge jedoch weiterhin zulassen. Für den erstmaligen Erwerb von Wohneigentum ist ein gestaffelter Pauschalbetrag vorgesehen — 10'000 Franken für Verheiratete, 5'000 Franken für Alleinstehende — der jährlich um ein Zehntel des Ursprungsbetrags sinkt und nach zehn Jahren vollständig entfällt.

Lohnt es sich jetzt meine Hypothek zu amortisieren?

Immobilienbesitzer stehen vor der Frage, ob es sich jetzt lohnt die Hypothek zu amortisieren, weil in Zukunft die Hypothekarzinsen nicht mehr von den Steuern abgezogen werden können. Auf die Frage gibt es jedoch keine eindeutige Antwort, weil jeder Fall anders liegt. Experten empfehlen individuelle Lösungen, welche die Vermögenslage, das Einkommen und die Wünsche der Eigentümer sowie deren Risikotoleranz gegenüber der Börse berücksichtigen – sie raten deshalb einen Finanzberater zu konsultieren.

Droht ein Anstieg der Immobilienpreise?

Höhere Preise für Häuser und Eigentumswohnungen halten Analysten für wahrscheinlich: Experten der UBS gehen in ihrem Bericht «Real Estate Focus» von steigenden Immobilienpreisen aus. Der Hintergrund ist, dass mit dem Wegfall des Eigenmietwerts die laufenden Kosten für Wohneigentümer – bei weiterhin moderaten Hypothekarzinsen – spürbar sinken. Dadurch haben Käufer mehr finanziellen Spielraum, um einen höheren Kaufpreis zu zahlen. Wie stark die Preise tatsächlich steigen, ist allerdings unklar und hängt von der weiteren Zinsentwicklung, der Wirtschaftslage und von Angebot und Nachfrage ab. Ausgenommen von dieser Tendenz sind Experten zufolge ältere, sanierungsbedürftige Objekte: Ihre Besitzer können Renovationskosten künftig nicht mehr steuerlich absetzen. Damit steigen die laufenden Belastungen, was die Nachfrage dämpft und die Preise solcher Immobilien unter Druck setzt.

Wer steht nach der Reform besser da?

Nach Berechnungen des Bundes werden rund 82 Prozent aller Wohneigentümer durch den Wegfall des Eigenmietwerts finanzielle Vorteile haben – selbst bei Hypothekarzinsen von rund 1,5 Prozent. Besonders profitieren diejenigen, die ihre Hypothek bereits weitgehend getilgt haben. Für sie fällt der Verlust des Schuldzinsenabzug weniger stark ins Gewicht als der entfallene Eigenmietwert. Im Gegensatz dazu müssen Eigentümer renovierungsbedürftiger Häuser unter Umständen finanzielle Einbussen hinnehmen, weil Umbau- und Instandsetzungskosten nicht mehr steuerlich anrechenbar sind. Kritiker warnen, dass künftig notwendige Sanierungen ausbleiben könnten, wenn der Steueranreiz entfällt.

Wie wirkt sich die Reform auf die Baubranche aus?

Die Baubranche muss sich wohl auf wechselhafte Zeiten gefasst machen. Viele Hausbesitzer dürften ihre Renovationen noch vor Inkrafttreten der Reform vorziehen, um die aktuelle Steuervergünstigung zu nutzen – kurzfristig sorgt das für einen Renovationsboom. Sobald die Reform allerdings greift, könnte die Nachfrage nach Handwerksleistungen wieder zurückgehen, weil dann die meisten Sanierungen bereits abgeschlossen sind und weniger Abschreibungsmöglichkeiten mehr bestehen.

Letztlich könnte dies wiederum die Schwarzarbeit beflügeln und die Bauwirtschaft belasten. Fällt der Steuerabzug für Unterhaltskosten weg, sinkt der Anreiz, auf ordnungsgemässe Rechnungen zu bestehen. Experten warnen vor einem Anstieg von Schwarzarbeit und schätzen, dass dadurch jährlich bis zu 650 Millionen Franken in den inoffiziellen Bereich abfliessen könnten.

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